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Warum ?ltere Menschen nicht an der Schweinegrippe erkranken (Deutsches ?rzteblatt 26. M?rz 2010)

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  • Warum ?ltere Menschen nicht an der Schweinegrippe erkranken (Deutsches ?rzteblatt 26. M?rz 2010)



    Deutsches ?rzteblatt: Freitag, 26. M?rz 2010

    Warum ?ltere Menschen nicht an der Schweinegrippe erkranken

    Bethesda/LaJolla/Nashville ? US-Forscher haben eine ?berraschende ?hnlichkeit zwischen den Viren der Spanischen Grippe von 1918/19 und der Schweinegrippe von 2009 (Neue Influenza) entdeckt, die den milden Verlauf im letzten Jahr bei ?lteren Menschen erkl?rt.

    Das Verh?ltnis der Influenzaviren zum menschlichen Immunsystem kann mit einem st?ndigen Katz-und-Maus-Spiel verglichen werden. Nach jeder Grippewelle kommt es in der Bev?lkerung zur Ausbreitung von Antik?rpern, die k?nftige heftige Epidemien verhindern.

    Doch die hohe Mutationsrate der Influenzaviren sorgt immer wieder f?r neue Varianten, die von den Antik?rpern nicht erfasst werden. Aus diesem Grund muss der Impfstoff j?hrlich neu angepasst werden. Eigentlich ist es unwahrscheinlich, dass zwei Virusst?mme, die mehr als 90 Jahre voneinander trennen, ?hnlichkeiten aufweisen.

    Und doch scheint dies der Fall zu sein, wie der Vergleich der H?magglutinine beider Viren zeigt, den Ian Wilson vom Scripps Research Institute in La Jolla/Kalifornien jetzt in Science (2010: doi:10.1126/science.1186430) vorstellt.

    H?magglutinin ist der Anker, mit dem das Virus an den Rezeptor Neuramins?ure seiner Wirtszelle ?andockt?. Da es sich auf der Oberfl?che des Influenzavirus befindet, kann es vom Immunsystem erkannt werden, dass dann neutralisierende Antik?rper bildet.

    Besonders anf?llig ist die Spitze des H?magglutinins. Hier befinden sich bei den meisten Influenzaviren des letzten Jahrhunderts Zuckerreste (Glykane), die eine m?gliche Tarnung des Virus sind ? und eine raffinierte noch dazu. Denn da auch viele menschliche Zellen auf ihrer Oberfl?che die gleichen Glykane tragen, ist das Immunsystem wenig geneigt, sie mit Antik?rpern anzugreifen.

    Eine Gemeinsamkeit zwischen dem Stamm Influenza A/California/04/2009, dem Erreger der Neuen Influenza, und Virus 1918 H1N1, dem Erreger der Spanischen Grippe, besteht darin, dass beide an der Spitze des H?magglutinins keine Glykane haben, wie Wilson durch eine Kristallstrukturanalyse nachweisen kann.

    Dies mag die Infektiosit?t der Erreger erh?hen, da die Bindung am Rezeptor und der Eintritt in die Zelle erleichtert werden. An der Spanischen Grippe starben weltweit sch?tzungsweise 50 Millionen Menschen. An der Neuen Influenza starben indes weitaus weniger Menschen ? laut WHO waren es bis zum 19. M?rz 16.813 Todesf?lle.

    Der bisher glimpfliche Verlauf der neuen Grippe-Pandemie erkl?rt sich aus der geringen Erkrankungsrate bei ?lteren Menschen. Dass diese seltener erkrankten, k?nnte mit dem fehlende Glykan an der Spitze des H?magglutinins zusammenh?ngen. Antik?rper gegen die ?nackte? Oberfl?che des H?magglutinins geh?rten zu den Abwehrma?nahmen des Immunsystems gegen die Spanische Grippe, und ihre Pr?valenz ist in den Folgejahren stark angestiegen, in denen ?hnliche St?mme kursierten, ohne eine erneute schreckliche Pandemie auszul?sen.

    Bei vielen ?lteren Menschen sind diese Antik?rper heute noch im Blut nachweisbar. Und wie Jens Krause und Mitarbeiter der Vanderbilt Universit?t in Nashville/Tennessee im Journal of Virology (2010; 84: 3127-3130) zeigen k?nnen, sind diese ?alten? Antik?rper in der Lage, die Viren der Neuen Influenza abzufangen und einen Krankheitsausbruch zu verhindern.

    Die Gruppe um Gary Nabel vom US-National Institute of Allergy and Infectious Diseases in Bethesda zeigt in Science Translational Medicine (2010; 2, 24ra21) ?berdies, dass ein aus den Viren der Spanischen Grippe hergestellter Impfstoff M?use zuverl?ssig vor einer Neuen Influenza 2009 sch?tzt. Und umgekehrt waren Impfstoffe gegen die Neue Influenza auch gegen die Spanische Grippe wirksam. Beide induzieren Antik?rper, die die ?nackte? Stelle an der Spitze des H?magglutinins erkennen.
    Gegen die saisonale Grippen der vergangenen Jahrzehnte bieten diese Antik?rper dagegen keinen Schutz, denn sp?testens ab den 30er Jahren begannen die Grippeviren, ihre ?Bl??e? zu bedecken, wie Nabel herausgefunden hat. Dass das Virus jetzt den Schritt zur?ck zum Virus 1918 H1N1 machte, k?nnte einmal damit zusammenh?ngen, dass viele j?ngere Menschen keine protektiven Antik?rper mehr haben, so dass Viren mit einer ?nackten? Oberfl?che sich wieder ausbreiten k?nnen.

    Der zweite Grund k?nnte darin liegen, dass die alten Viren bei Schweinen ?berlebten. Dies gelang ihnen m?glicherweise, weil ihre Lebensdauer wesentlich geringer ist als die der Menschen ? vor allem, wenn die Tiere in Farmen zur Fleischproduktion gehalten werden.

    Die Evolution der Influenza-Viren wird nicht bei dem Influenza A/California/04/2009 halt machen. Vorstellbar ist, dass sie ihre ?Bl??e? schon bald wieder bedecken, da jetzt viele j?ngere Menschen neutralisierende Antik?rper bilden.

    Tats?chlich berichtet Nabel in einem Anhang der Pressemitteilung, dass er vier Isolate der pandemischen Influenza-Viren gefunden habe, bei denen dies der Fall war. Die Bedeutung dieser Entdeckung f?r k?nftige Epidemien ist allerdings noch unklar.
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